Spirituelle Revolution des Alterns: Mehr Leben, weniger Entschuldigungen!
- Jutta Baur
- 9. März
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 21. März
Wer hat eigentlich festgelegt, was es bedeutet, „in Würde“ zu altern? Wer hat entschieden, dass Frauen über 50 plötzlich unsichtbar werden sollen – mit praktischer Frisur, gedeckten Farben und einer stillen Präsenz, die bloß niemanden stört? Wer hat bestimmt, dass Reife vor allem bedeutet, sich im Hintergrund zu halten, höflich zu lächeln und Platz für andere zu machen, während das Leben um uns herum weiterläuft?
Wenn das Würde ist, verzichte ich dankend.
Darum geht es her:
Würdevoll altern – was heißt das überhaupt?
Fragt man nach, scheint es vor allem zu bedeuten: sich zurücknehmen, sich nicht mehr aufregen, keine Wellen schlagen. Eine kontrollierte, unauffällige Existenz, in der man nichts trägt, das zu sehr auffällt. Weder am Körper, noch im Gesichtsausdruck. Bloß keine unangemessene Lebensfreude, bloß keine überschäumende Neugier, bloß keine allzu lebhafte Energie. Ein graziöses, freundliches Abtreten aus dem Rampenlicht, bitte sehr.
Aber seit wann ist Schweigen eine Tugend? Seit wann bedeutet Reife, sich kleiner zu machen?
Würde ist kein Verzicht.

Wer hat das bitte beschlossen?
Ich habe mal „Würde im Alter“ gegoogelt. Schlechte Idee.
Das Ergebnis bringt eine Flut an gut gemeinten Ratschlägen: Keine High Heels, keine knalligen Farben, keine auffälligen Frisuren. Graue Haare sind akzeptabel. Aber bitte nur, wenn sie stilvoll gestylt sind. Schminke? Nur dezent, schließlich soll niemand denken, man wolle sich „krampfhaft verjüngen“. Auch in der Haltung wird Mäßigung empfohlen: Lachen ja, aber nicht zu laut. Meinungen? Ja, aber bitte nicht zu forsch. Lebenshunger? Gerne, aber nur in einem Maß, das niemandem Unbehagen bereitet.
Eine Frau, die „ihren Platz kennt“, wird bewundert. Eine Frau, die sich ihre Freiheit nimmt, wird belächelt.
Und genau hier beginnt das Problem.
Wir Frauen sind nicht auf dieser Welt, um langsam aus dem Bild zu verschwinden, während wir uns um alle anderen kümmern. (Dazu findest du übrigens hier noch einen interessanten Artikel) Wir sind nicht dazu da, unsere Lebendigkeit leiser zu drehen, während wir uns mit Anstand in die zweite Reihe stellen. Wenn es eine Form von Weisheit gibt, die mit den Jahren wächst, dann doch wohl die Erkenntnis, dass das Leben weder Kompromisse noch Entschuldigungen braucht.
Es ist an der Zeit, dass wir das Alter nicht mehr als langsames Verblassen sehen, sondern als Wiedererwachen.
Was, wenn Alter eine spirituelle Revolution ist?
Was, wenn genau in dieser Lebensphase der Raum entsteht, endlich ganz wir selbst zu sein?
Was, wenn wir erkennen, dass unser Wert nicht in unserer Anpassungsfähigkeit liegt, sondern in unserer Präsenz, in unserer Tiefe, in unserer ureigenen Kraft?
Dann wird Altern nicht mehr als würdevoller Rückzug verstanden, sondern als ein mutiges Vorwärtsschreiten. Und genau das ist wahre Würde.
Würdelos altern – eine spirituelle Befreiung
Altern kann die bewusste Entscheidung sein, sich von Erwartungen nicht länger einengen zu lassen. Normen, die sowieso nur dazu dienen, Frauen in ihre Schranken zu weisen, verlieren ihre Macht.
Ein Leben lang wird uns gesagt, wir sollen nett sein. Rücksichtsvoll, gepflegt, angepasst. Nicht zu laut, nicht zu viel wollen, nicht zu sehr auffallen. Wir sollen charmant sein, aber nicht fordernd. Selbstbewusst, aber nicht bedrohlich. Freundlich, aber nicht unbequem.
Schluss damit!
Lasst uns unverschämt sein. Lasst uns Grenzen überschreiten. Lasst uns genau das tun, was angeblich nicht „altersgemäß“ ist.
Laut sein. Platz einnehmen. Wünsche haben. Träume haben.
Denn das ist es doch, was wahre Würde bedeutet: Das eigene Leben nach den eigenen Maßstäben zu gestalten.
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Die weibliche Sicht auf das Alter
Ein älterer Mann gilt oft als attraktiv, souverän, ein „Silberrücken“. Er strahlt eine natürliche Gelassenheit aus, ist charmant und wirkt interessant durch seine Lachfältchen.
Eine alternde Frau?
Sie findet sich schnell mal in einer von drei Schubladen wieder:
Die graue Maus – Sie hält sich zurück, ist dezent, macht sich klein. Wird respektiert, aber kaum wahrgenommen.
Die schräge Alte – Sie trägt bunte Klamotten, lacht laut, fällt auf. Wird belächelt, aber nicht ernst genommen.
Die verbitterte Zicke – Sie fordert, wehrt sich, hat eine Meinung. Wird kritisiert, weil sie „schwierig“ ist.
Das sind die Kategorien. Stell dir vor, nichts passt zu dir. Du bist einfach eine Frau, die lebt, denkt, liebt, fühlt ohne sich einer dieser Rollen zu fügen.
Jahrhunderte lang wurden Frauen in bestimmte Bilder gepresst: Die jugendliche Schöne. Die mütterliche Nährende. Die weise Alte. Immer sollte unsere Existenz einem Zweck dienen.
Unser Alter ist kein Rückzug, sondern ein Aufbruch. Weisheit bedeutet nicht, leise zu werden, sondern lauter. Unsere zweite Lebenshälfte ist kein allmähliches Verkümmern, sondern ein Neubeginn.
Unsere Ahninnen haben es uns vorgemacht.
Sie waren Hüterinnen des Feuers, Trägerinnen des Wissens, Priesterinnen, Heilerinnen, Seherinnen. Sie haben sich nicht für ihre Stärke verantwortlich gemacht. Sie haben sich nicht versteckt. Sie haben gelehrt, beraten, gekämpft, verändert.

So alterst du würdelos und glücklich
Zieh an, was dir gefällt. Wer hat je behauptet, dass Miniröcke ab 50 verboten sind?
Trag dein Haar, wie du willst. Silberne Mähne, pinke Strähnen, raspelkurz oder lang wie eh und je. Alles erlaubt.
Sprich aus, was du denkst. Du hast jahrzehntelang Rücksicht genommen. Jetzt ist es Zeit, laut zu sein.
Lerne Neues. Hör auf, dir einzureden, dass du "zu alt" bist. Sprachen, Tanz, Motorradfahren – mach, was dich reizt.
Such dir Menschen, die dich inspirieren. Egal ob jünger oder älter – deine Seele erkennt Seelenverwandte.
Bleib wach. Die Welt verändert sich. Sei Teil davon.
Lass dir nichts mehr sagen. Ob von der Gesellschaft, der Familie oder deinem eigenen inneren Kritiker.
Feiere dein Leben. Ohne Rechtfertigungen, ohne Entschuldigungen.
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Schluss mit den Regeln
Die Frage ist nicht, wie wir altern sollen. Die Frage ist: Wie wollen wir leben?
Es geht nicht darum, sich an Konventionen festzuklammern oder krampfhaft jung zu wirken. Es geht darum, unsere weibliche Kraft in die zweite Lebenshälfte zu tragen und zwar mit allem, was dazu gehört.
Wenn das bedeutet, würdelos zu altern, dann ist das vielleicht das Würdevollste, was wir tun können.
Herzlichst
Jutta
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